Energiepolitik: Grundlagen

Energiepolitik: Grundlagen
Energiepolitik: Grundlagen
 
Energiepolitik ist Teil der sektoralen Wirtschafts-, Struktur- und Umweltpolitik zur staatlichen Steuerung des Energiesektors. Darunter fällt die Regulierung der Erzeugung und Umwandlung von Energie, des Energieverbrauchs und des Außenhandels mit Energie. Ziel heutiger Energiepolitik ist es, eine langfristig sichere und preisgünstige Energieversorgung zu gewährleisten, die umwelt- und klimagerecht ist. Zudem soll die deutsche Industrie international nicht benachteiligt werden. Die praktische Energiepolitik ist also für ein ganzes Zielbündel verantwortlich.
 
 Autarkie und Marktversagen
 
Traditionell verfolgt der Staat im Energiesektor eine klare strategische Linie: Unabhängigkeit in der Energieversorgung als Sicherheit gegen mögliche militärische Konflikte oder ökonomische Krisen wie die Ölpreiskrisen von 1973/74 und 1979/80. Daneben beruht die ökonomische Begründung staatlicher Intervention auf der Annahme, dass es Marktversagen im Energiesektor gibt. Zum einen ist in der Energiewirtschaft das Verteilungsnetz wichtig; Erdöl, Erdgas, insbesondere aber der Strom werden mittels eines ausgedehnten Leitungsnetzes zum Kunden gebracht. Aufgrund dieses Netzes vermutete man bisher - ähnlich wie bei der Bahn oder der Telekommunikation - ein natürliches Monopol bei den Netzeigentümern. Heute wird diese These nicht mehr akzeptiert. Wettbewerb soll durch den Zugang Dritter zu den Netzen ermöglicht werden. Zum anderen bestehen unbestritten externe Effekte im Energieverbrauch und in der Forschung und Entwicklung. Es gibt positive externe Effekte, wenn ein Unternehmen neue Technologien erfindet und Konkurrenten diese nur kopieren. Hier ist staatliche Unterstützung geeignet, z. B. finanzielle Hilfen zur Erforschung regenerativer Energien. Starke negative externe Effekte bestehen jedoch beim Energieverbrauch, wenn die Käufer nur für den gewünschten Nutzen aus der Energie bezahlen. Die bei der Produktion von Kraft, Licht oder Wärme entstehenden Belastungen für die Umwelt tragen sie nicht. Ökonomisch sinnvoll ist es daher, Energie zu verteuern. Man spricht daher von einer Internalisierung des externen Effekts.
 
 Energiemarkt in Deutschland
 
Mineralöl ist heute die wichtigste Quelle für Primärenergie in Deutschland. Im Jahr 1997 lag ihr Anteil bei knapp 40 %. Die Energieträger Erdgas und Kohle stehen auf den nächsten Plätzen. Während der industriellen Revolution löste die Kohle den ursprünglich wichtigsten Energieträger, das Brennholz, ab. In der Nachkriegszeit wurde das Mineralöl zur wichtigsten Energiequelle. Wesentliche Triebkraft war hierbei der Verkehrssektor, der zum größten Teil auf Mineralöl angewiesen ist. Gleichwohl wird heute ein immer größerer Teil der Primärenergie aus Erdgas gewonnen. Auch der Kernenergie kommt noch eine große Bedeutung für die Energieversorgung zu. Aus ökologischen und strukturpolitischen Überlegungen eher unverständlich ist der in Deutschland gegenüber anderen europäischen Ländern weiterhin starke Einsatz der Kohle. Der Preis einer Tonne deutscher Steinkohle lag im Jahr 1994 bei etwa 290DM, wobei der Einfuhrpreis nur etwa 70DM je Tonne betrug. Für Ostdeutschland hingegen stellt die Braunkohle weiterhin einen wichtigen Standortfaktor dar. Gleichwohl hat sich die ostdeutsche Energiewirtschaft einem starken Wandel nach der politischen Wende unterzogen.
 
 Reformen auf dem Energiemarkt
 
Zwei Ideen beschleunigen die Reformen auf dem Energiemarkt: die Liberalisierung innerhalb der Europäischen Union (EU) und die Versuche einer Internalisierung der negativen externen Effekte, z. B. durch eine ökologische Steuerreform. Die EU fordert von ihren Mitgliedstaaten, den europäischen Binnenmarkt auch im Energiesektor zu verwirklichen. Dazu gehört, alle Zölle und Abgaben abzuschaffen und zugleich die nationalen Subventionen zurückzunehmen. Dies stellt insbesondere die deutsche Kohlesubventionierung (1998 etwa 8,8 Mrd. DM) zunehmend infrage. Unter Druck gerät ebenfalls die starke Stellung deutscher Energieversorger. Während sie bisher durch Gebietsschutzverträge regionale Monopole besaßen, sollen nun die Netze gegen Gebühren für die Konkurrenz geöffnet werden. Dadurch sollen die im europäischen Vergleich hohen Energiepreise sinken. Die Energiepolitik steht weltweit und auch in Deutschland vor besonderen Herausforderungen: Der globale Treibhauseffekt - entstanden durch Emissionen von Treibhausgasen (v. a. Kohlendioxid) - ist zu einer der bedrohlichsten Gefahren unserer Zeit geworden. Die Energiepolitik muss daher künftig einen Schwerpunkt auf die rationellere Energieumwandlung und die Nutzung erneuerbarer Energien legen - nicht zuletzt auch wegen der Ressourcenknappheit v. a. fossiler Energieträger und eines möglichen Ausstiegs aus der Kernenergie.

Universal-Lexikon. 2012.

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